Liberalisierung des Inzeststrafrechts / Reform von §173 StGB

Der einvernehmliche Beischlaf zwischen volljährigen Geschwistern ist in Deutschland im Gegensatz zu anderen Staaten verboten. Wir fordern im Sinne der Gleichberechtigung und freien Persönlichkeitsentfaltung aller Menschen eine Entkriminalisierung sexueller Beziehungen zwischen Geschwistern und zwischen Verwandten, deren Verwandtschaftsverhältnis (durch Adoption) erloschen ist.

Diese Initiative wurde abgelehnt.

Initiator*innen
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Tobias Schindler
anonyme Ziege
Veröffentlicht am
2. Juli 2017
Bereich
Innenpolitik
Einordnung
Einzelinitiative
Ebene
Bund
Ergebnis der Abstimmung

Diese Initiative wurde abgelehnt.

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81 Personen haben an dieser Abstimmung teilgenommen.

Das waren 21 Prozent aller 385 Abstimmungsberechtigten.

Inzest scheint nach allen verfügbaren Daten in den westlichen Gesellschaften sehr selten zu sein. Der einvernehmliche Beischlaf zwischen volljährigen Verwandten kann aber in Deutschland mit einer bis zu dreijährigen Freiheitsstrafe geahndet werden. Betroffene schildern, wie schwierig ihre Situation angesichts dieser Strafandrohung ist. Sie fühlen sich in ihren grundlegenden Freiheitsrechten verletzt und zu Heimlichkeit oder Verleugnung ihrer Liebe gezwungen. Daher fordern wir im Sinne der Gleichberechtigung aller Menschen eine Liberalisierung des Inzeststrafrechts im Hinblick auf die Entkriminalisierung von einvernehmlichem Beischlaf zwischen volljährigen Geschwistern und zwischen Verwandten, deren Verwandschaftsverhältnis (durch Adoption) erloschen ist.

Problembeschreibung

Die Situation der Betroffenen wirft eine Reihe wichtiger moralischer und rechtlicher Fragen auf, die auf der Grundlage ausreichender Informationen und vorurteilsfrei diskutiert werden sollten. Insbesondere sollte geklärt werden, ob das Strafrecht das richtige Instrument für einen angemessenen Umgang mit der Inzestthematik ist.

Grundsätzlich ist die Inzestdebatte enorm konfliktbefatet. Das liegt zum einen daran, dass sich die Diskussion der Strafbarkeit des Inzests meist mit der Diskussion über den sexuellen Missbrauch überschneidet, der in allen Staaten strafbar ist; zum anderen rührt das Thema Inzest an ein in Deutschland offenbar fest verankertes Tabu.

International besteht kein Konsens über die Strafwürdigkeit des Inzests. So ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz nur der Vaginalverkehr strafbar, in Liechtenstein dagegen auch Oral- und Analverkehr sowie gleichgeschlechtlicher Verkehr. In Frankreich wurde die Strafbarkeit des Inzests mit dem Code Penalty francais von 1810 abgeschafft. Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Portugal, die Türkei, Japan, die US-Staaten New Jersey und Rhode Island, Argentinien, Brasilien und einige andere lateinamerikanische Staaten, die das französische Rechtssystem als Vorbild genommen haben, stellen Inzest ebenfalls nicht unter Strafe.

Das Inzesttabu ist in vielen Gesellschaften verbreitet, daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die von vielen Menschen geteilte emotionale Abwehr gegenüber dem Inzest moralisch richtig wäre. Auch der Umkehrschluss lässt sich daraus nicht ableiten. Es kann allerdings festgestellt werden, dass die Empfindungen vieler Menschen irritiert oder verletzt werden könnten, wenn das Inzesttabu angetastet wird. Dies allein ist jedoch kein Grund für den mit der Strafdrohung verbundenen Eingriff in die persönlichen Grundrechte bei einvernehmlichem Inzest zwischen mündigen, volljährigen Geschwistern. Das Strafrecht ist nicht das geeignete Mittel, ein gesellschaftliches Tabu zu bewahren. Aufgabe des Strafrechts ist es nicht, für den Geschlechtsverkehr mündiger Bürger moralische Standards oder Grenzen durchzusetzen, sondern den Einzelnen vor Schädigungen und groben Belästigungen und die Sozialordnung der Gemeinschaft vor Störungen zu schützen. Diesem Schutz dienen die Regelungen der §§ 174 ff. StGB ("Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung") jedoch bereits in ausreichendem Maße.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in einer Entscheidung vom 12. April 2012 die Beschwerde eines in Deutschland wegen Inzests verurteilten Mannes gegen ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zurückgewiesen. Das Bundesverfassungsgericht hatte vier Jahre zuvor entschieden, dass die Gesetzesregelung des § 173 StGB mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Damit hatte es allerdings nicht gesagt, dass das strafrechtliche Inzestverbot nicht aufgehoben oder geändert werden dürfe.

Forderung

Wir fordern daher,

  1. den einvernehmlichen Beischlaf zwischen leiblichen volljährigen Geschwistern zu entkriminalisieren.

  2. den einvernehmlichen Beischlaf mit Abkömmlingen und Verwandten, deren Verwandtschaftsverhältnis (durch Adoption) erloschen ist, zu entkriminalisieren.

Der im Sinne dieser Initiative reformierte StGB-Paragraf könnte folgendermaßen lauten:

§ 173 Beischlaf zwischen Verwandten

(1) Wer mit einem leiblichen Abkömmling den Beischlaf vollzieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer mit einem leiblichen Verwandten aufsteigender Linie den Beischlaf vollzieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Abkömmlinge und Geschwister werden nicht nach dieser Vorschrift bestraft.

(4) Wer mit Abkömmlingen oder Verwandten den Beischlaf vollzieht, wird nicht bestraft, wenn das Verwandtschaftsverhältnis erloschen ist.

Kosten

Es fallen keine Kosten an

Finanzierungsvorschlag

Es fallen keine Kosten an

Arbeitsweise

Die Initiative stützt sich auf das Plädoyer des Deutschen Ethikrates vom 24. September 2014 zur Revision des § 173 StGB, den einvernehmlichen Beischlaf zwischen volljährigen Geschwistern künftig nicht mehr unter Strafe zu stellen (s. http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/infobrief-01-15.pdf)

Das Justizministerium hat sich geweigert diesem Plädoyer des Ethikrates zu folgen.

Argument der Initiator*innen

Leben und Leben lassen!

Diese Debatte enthält keine Argumente.
Es wurden keine Vorschläge eingebracht.