Diese Initiative wurde angenommen.
Initiator*innen
Ergebnis der Abstimmung
Diese Initiative wurde angenommen.
Abstimmungsbeteiligung
79 Personen haben an dieser Abstimmung teilgenommen.
Das waren 21 Prozent aller 385 Abstimmungsberechtigten.
Text der Initiative
Im europäischen Vergleich liegt die Gewaltbetroffenheit von in Deutschland lebenden Frauen in 2014 leicht über dem Durchschnitt, 35% der deutschen Frauen haben körperliche und/oder sexuelle Gewalt durch einen Partner oder einer anderen Person seit ihrem 15. Lebensjahr erfahren. Gewalt gegen Frauen hat nicht nur Auswirkungen auf die Opfer selbst, sondern auch auf deren Familien und auf die Gesellschaft als Ganzes. Die meisten Frauen, die Opfer von Gewalt werden, zeigen ihre Erfahrungen nicht bei der Polizei oder einer Opferhilfe‑Organisation an. Sie fühlen sich auch von Systemen, die häufig als kaum unterstützend empfunden werden, nicht dazu ermutigt. Wir fordern größere finanzielle Unterstützung von Forschung und Arbeit der Hilfsorganisationen, die sich mit Gewalt gegen Frauen befassen, Fortbildungsverpflichtung für Angehörige von Justiz, Ermittlungsbehörden Polizei, Notaufnahmen von Krankenhäusern, flächendeckende Versorgung von sogenannten Opferschutzambulanzen, sicherer, schneller und bedarfsgerechter Schutz unabhängig von körperlichen Beeinträchtigungen, ihrem Aufenthaltsstatus oder ihrer Lebenssituation, Rechtsanspruch auf sofortigen Schutz ohne Nachweispflichten, die die Frauen zusätzlich belasten oder ihre Sicherheit gefährden.
Problembeschreibung
Gewalt gegen Frauen umfasst Straftaten, von denen Frauen überproportional betroffen sind, wie sexuelle Nötigung, Vergewaltigung und „häusliche Gewalt“. Gewalt ist eine Verletzung der Grundrechte von Frauen hinsichtlich ihrer Würde und Gleichheit. Gewalt gegen Frauen hat nicht nur Auswirkungen auf die Opfer selbst, sondern auch auf deren Familien und auf die Gesellschaft als Ganzes. Wie eine Gesellschaft und der Rechtsstaat auf diesen Missstand reagieren, bedarf einer kritischen Betrachtung. Daher sind sowohl auf Ebene der Europäischen Union als auch auf nationaler Ebene Maßnahmen zur Bekämpfung und Prävention von Gewalt gegen Frauen erforderlich. Die Weltgesundheitsorganisation WHO bezeichnet Gewalt gegen Frauen als eines der größten Gesundheitsrisiken von Frauen weltweit. 2004 gab eine repräsentative Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Thema Gewalt gegen Frauen mit folgenden Ergebnissen:
40% der Frauen in Deutschland haben seit ihrem 16. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt.
25% der in Deutschland lebenden Frauen haben Gewalt durch aktuelle oder frühere Beziehungspartner erlebt (häusliche Gewalt).
13% der in Deutschland lebenden Frauen haben seit dem 16. Lebensjahr strafrechtlich relevante Formen sexueller Gewalt erlebt.
42% der in Deutschland lebenden Frauen haben psychische Gewalt erlebt, z.B. Einschüchterung, Verleumdungen, Drohungen, Psychoterror. Gewalt gegen Frauen wird überwiegend durch Partner oder Expartner und im häuslichen Bereich verübt.
Frauen in Trennungs- oder Scheidungssituationen sind besonders gefährdet, Opfer von Gewalt durch den (Ex)Partner zu werden.
Mehr als die Hälfte der von körperlicher Gewalt betroffenen Frauen hat körperliche Verletzungen aus Übergriffen davongetragen, von diesen hat ein Drittel deshalb medizinische Hilfe in Anspruch genommen.
Je nach Gewaltform haben 56% bis 80% der Betroffenen psychische Folgebeschwerden davongetragen (Schlafstörungen, Depressionen, erhöhte Ängste etc.). Besonders hoch war der Anteil bei psychischer und bei sexueller Gewalt.
Kinder sind oft von Anfang an in das Gewaltgeschehen gegen die Mutter involviert. 20% derjenigen Frauen, die in ihrer letzten Partnerschaft Gewalt erlebt haben, gaben die Geburt als das gewaltauslösende Ereignis an, weitere 10% die Schwangerschaft.
Gewalt markiert im Leben der Frauen oft einen Bruch mit den gewohnten Beziehungs- und Lebensbezügen, auch wenn der Täter nicht der Partner ist (z.B. Trennung, Wohnungswechsel, Kündigung des Arbeitsplatzes).
37% der von körperlicher und 47% der von sexueller Gewalt Betroffenen haben mit niemandem darüber gesprochen. Die Anteile sind noch höher, wenn der Täter der aktuelle oder frühere Beziehungspartner ist.
Im europäischen Vergleich liegt die Gewaltbetroffenheit von in Deutschland lebenden Frauen in 2014 leicht über dem Durchschnitt, 35% der deutschen Frauen haben körperliche und/oder sexuelle Gewalt durch einen Partner oder einer anderen Person seit ihrem 15. Lebensjahr erfahren. Im Europäischen Durchschnitt waren es 33%.
Die meisten Frauen, die Opfer von Gewalt werden, zeigen ihre Erfahrungen nicht bei der Polizei oder einer Opferhilfe‑Organisation an. Die meisten Frauen, die Opfer von Gewalt werden, kommen nicht mit Justizbehörden oder anderen Einrichtungen in Kontakt. Demzufolge ist klar, dass den Bedürfnissen und Rechten vieler Frauen in der EU derzeit in der Praxis nicht Genüge getan wird. Sie fühlen sich auch von Systemen, die häufig als kaum unterstützend empfunden werden, nicht dazu ermutigt.
Der Schutz von Frauen gegen Gewalt wird zunehmend von Rechtspopulisten verwendet, um Propaganda gegen den Islam und Ausländer im allgemeinen zu machen. Gewalt gegen Frauen kennt keine Grenzen und keine Religion. Eines der vielen Dinge, die die rechten und sehr konservativen Mächte verbindet – unabhängig von ihrem Glauben oder ihrer Herkunft – ist ihre Verachtung der weiblichen Befreiung: Frauen sollen ruhig und gehorsam sein, dekorativ und gottesfürchtig, Hausfrauen und Mütter. Wir erkennen das Problem der konzertierten, öffentlichen Gewalt gegen Frauen - wie auf der Kölner Domplatte zum Jahreswechsel 2015/2016 - als weiteres Phänomen der strukturellen Gewalt gegen Frauen an. Gleichzeitig verwehren wir uns, ein furchtbares Verbrechen wie dieses als Grundlage für rassistische und islamfeindliche Diskurse zu missbrauchen.
Forderung
Gewalt gegen Frauen soll als Verletzung der Grundrechte anerkannt und behandelt werden
Größere finanzielle Unterstützung von Forschung und Arbeit der Hilfsorganisationen, die sich mit Gewalt gegen Frauen befassen. Insbesondere sind finanzielle Mittel für die Arbeit von Opferhilfeeinrichtungen notwendig, die sich mit Gewalt gegen Frauen speziell befassen.
Wir fordern eine Fortbildungsverpflichtung für Angehörige von Justiz, Ermittlungsbehörden Polizei, Notaufnahmen von Krankenhäusern . Nur wenn Gewalt gegen Frauen erkannt wird, kann sie auch bekämpft werden. Nur so können gewaltbetroffene Frauen und Mädchen geschützt werden.
Wir fordern eine flächendeckende Versorgung von sogenannten Opferschutzambulanzen, bei denen eine „Anonyme Spurensicherung“ möglich ist und die Beweise bis zu 20 Jahre gerichtsfest gelagert werden.
Wir fordern, dass ein flächendeckendes, finanziell abgesichertes Angebot an qualifizierter Zeugen- bzw. Prozessbegleitung eingerichtet wird und dass traumatisierte Zeuginnen nach Gewaltdelikten einen Rechtsanspruch auf Zeugen- bzw. Prozessbegleitung erhalten.
Sicherer, schneller und bedarfsgerechter Schutz und qualifizierte Hilfe, zum Beispiel in Frauenhäusern und anderen Schutzräumen sowie Beratungsstellen, für den Betroffenen unabhängig von körperlichen Beeinträchtigungen, ihrem Aufenthaltsstatus oder ihrer Lebenssituation. Das muss einheitlich im Bund finanziert werden. Das Personal in den Unterkünften muss entsprechend sorgsam geschult werden.
Rechtsanspruch auf sofortigen Schutz ohne Nachweispflichten, die die Frauen zusätzlich belasten oder ihre Sicherheit gefährden.
Kosten
Aufgrund der komplexen Thematik ist keine präzise Aussage über die Kosten zu treffen.
Finanzierungsvorschlag
Steuermittel und öffentliche Gelder
Arbeitsweise
Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland, 2004 der BMFSFJ https://www.frauen-gegen-gewalt.de/gewalt-gegen-frauen-zahlen-und-fakten.html?file=tlfiles/downloads/studien/2004PraevalenzstudieGewaltgegenFrauenKurzfassung.pdf
Gewalt gegen Frauen: eine EU-weite Erhebung, European Union Agency for fundamental rights, http://fra.europa.eu/sites/default/files/fra-2014-vaw-survey-factsheet_de.pdf
Argument der Initiator*innen
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